NEUSTART FÜR DEN AUSTAUSCH

Was Politik jetzt tun muss

Mit dem Ende der Pandemie ist ein Neustart für Schüler- und Jugendaustausch notwendig. Ziel muss dabei sein, dass alle Jugendliche die Gelegenheit bekommen, in ihrer Schulzeit an einem grenzüberschreitenden Austausch teilzunehmen – und zwar unabhängig von sozialem Hintergrund oder Schul­form.

In der Kampagne „Zurück in die Welt“ haben wir Vorschläge entwickelt, die auf politischer Ebene dringend umgesetzt werden sollten, um Austausch zum Bildungsstandard zu machen. Wir zeigen zudem verschiedene Handlungsfelder und Maßnahmen auf, um dieses Ziel zu erreichen.

Förderung von Bildungsgerechtigkeit!

Schülerinnen und Schüler, die andere Schulen als Gymnasien besuchen, profitieren weit seltener von den enormen Bildungsmöglichkeiten eines internationalen Schüleraustausches. Diese Jugendlichen fühlen sich von den Angeboten nicht angesprochen, oft stehen ihnen keine finanziellen Mittel zur Verfügung und bestehende Fördermöglichkeiten sind ihnen nicht bekannt. Auch Lehrkräfte und Elternhäuser verstehen die Programme meist nicht als passende Bildungsangebote für ihre Kinder. So verwundert es nicht, dass internationale Austauschprogramme die Bildungsschere aktuell weiter öffnen. Dabei ist dringend geboten, interkulturelle Bildung allen Jugendlichen zugänglich zu machen. Deshalb sind gezielte Anstrengungen mit klarem Fokus auf neue Zielgruppen und bislang unterrepräsentierte Schulformen erforderlich.

Passende Austauschformate entwickeln und fördern.

Um Zugangshürden abzubauen, müssen Austauschangebote auf bisher unterrepräsentiere Zielgruppen zugeschnitten sein. Intensive Information und Begleitung baut Unsicherheiten bei Teilnehmenden und Eltern ab, auf Lebenswirklichkeit und Interessen abgestimmte Programminhalte inspirieren – und ein Bekenntnis von Schule und Politik motiviert.

Deshalb: In die Entwicklung und Implementierung passender Formate für alle Jugendlichen investieren und bestehende Formate besser bekannt und leichter zugänglich machen!

Förderfonds für individuellen langfristigen Austausch einrichten

Die Wirkung eines Austauschjahres ist enorm, kaum ein Format ist so bekannt und präsent. Gleichzeitig gilt es als besonders kostenintensiv für die Teilnehmenden. Dabei zahlt sich diese Bildungsinvestition immer aus – für das Individuum und für die Gesellschaft.

Deshalb: Durch Förderfonds langfristigen Austausch für alle möglich machen!

Finanzielle Entlastung für Gastfamilien schaffen

Familien öffnen ihr Heim für Gastkinder aus aller Welt. Sie investieren Zeit und schenken Fürsorge. Zusätzlich tragen sie die nicht unerheblichen Lebenshaltungskosten für ihr Austauschkind – eine Hürde, die für viele Familien zu hoch ist. Um die Aufnahme von Jugendlichen in Deutschland und damit interkulturelles Lernen und Lehren zu fördern, ist staatliche Unterstützung nötig.

Deshalb: Mit Kindergeldzuschüssen, Steuererleichterungen oder Haushaltskostenzuschüssen die Aufnahmebereitschaft erleichtern!

Schüleraustausch einen festen Platz in der Schule geben!

Schule hat ein enormes Potenzial, jungen Menschen internationale Erfahrungen zugänglich zu machen: Sie ist ein wichtiger Ort, um sich über individuelle Auslandsaufenthalte zu informieren. Gleichzeitig ist Schüleraustausch das zahlenmäßig bedeutsamste Format internationaler Begegnung unter deutschen Jugendlichen. Leider wird dieses Bildungspotenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft. Die Schaffung von Austauschangeboten und ihre Qualität hängt in der Regel von einzelnen Lehrkräften ab, die sich weit über ihr eigentliches Stundendeputat hinaus engagieren. Diese Herangehensweise bewirkt in der Regel nicht, dass internationale Partnerschaften nachhaltig verankert oder ein flächendeckendes internationales Bildungsangebot für alle Schülerinnen und Schüler geschaffen wird. Schüleraustausch muss als Aufgabe der ganzen Schule verstanden und als solche durch die Kultuspolitik gestärkt werden!

Funktionsstellen für die Koordinierung von Schulpartnerschaften ermöglichen

Um internationale Schulpartnerschaften langfristig zu sichern, die Kooperationen inhaltlich weiterzuentwickeln und Lehrkräfte bei Austauschprojekten zu unterstützen, sind Funktionsstellen von entscheidender Bedeutung.

Deshalb: In die personelle Unterstützung von Schüleraustausch investieren!

Anspruch auf Ausgleichsstunden und Kostenerstattung stärken

Gute Schüleraustausche machen viel Arbeit und Lehrkräfte haben einen Anspruch auf die Anerkennung und Unterstützung ihres Engagements.

Deshalb: Ausgleichsstunden und die vollständige Erstattung projektbezogener Kosten für Lehrkräfte zur Regel machen!

Austausch in der Lehrkräftebildung zum Thema machen

Lehramtsstudierende absolvieren im Vergleich mit anderen Studiengängen deutlich seltener einen Auslandsaufenthalt. Internationaler Schüleraustausch wird weder im Lehramtsstudium noch im Fortbildungsangebot der Kultusverwaltung behandelt. Ohne qualifizierte Lehrkräfte aber kann Schüleraustausch nicht zum selbstverständlichen Bildungsangebot werden.

Deshalb: Schüleraustausch in allen Phasen der Lehrerbildung zum Thema machen!

Lehrplan und Schüleraustausch breiter verknüpfen

Ob als Gedenkstättenfahrten, als Teil des Geographie-Unterrichts oder zu MINT-Themen – Schüleraustausch ist auch jenseits der Fremdsprachen ein vielseitiges Instrument, um den Lehrplan anschaulich und mit interkultureller Perspektive zu vermitteln.

Deshalb: Eine systematische Verknüpfung von Fachunterricht mit Schüleraustausch anregen und unterstützen!

Landesweite Informations- und Beratungszentren schaffen

International unerfahrene Schulen und Lehrkräfte brauchen Unterstützung beim Auf- und Ausbau von Schulpartnerschaften.

Deshalb: Staatliche oder durch die Kultusverwaltung beauftragte Informations- und Beratungszentren schaffen, die die Internationalisierung von Schule durch Beratung, Qualifizierung und Vernetzung unterstützen!

Peer-to-Peer-Angebote gezielt als Lerninstrument einsetzen!

Der begeisterte Bericht eines Jugendlichen über sein Austauschjahr oder ein Vorbereitungsseminar, das von einem beinahe Gleichaltrigen souverän durchgeführt wird, überzeugt – mehr als Vorträge von Lehrern und Lehrerinnen.

Deshalb: Peer-to-Peer Angebote auch aus dem außerschulischen Bereich gezielt fördern, um über Zugangsmöglichkeiten zu Austausch zu informieren.

Internationalisierungsstrategie für Bildung als nationale Aufgabe begreifen!

Auf die Globalisierung und die zunehmende internationale Verflechtung aller Lebensbereiche reagiert Deutschland mit nationalen und europäischen Strategien. Doch um mit der rasanten Entwicklung Schritt zu halten, sie zu prägen und dabei die großen Probleme der Menschheit angehen zu können (Erhalt der Lebensgrundlagen, soziale Gerechtigkeit, Frieden), muss auch das Bildungssystem mit einer nationalen Strategie antworten, wie sie insbesondere im Bereich Schule bisher fehlt.

Länder wie die USA, Australien und das Vereinigte Königreich sind hier weiter: Sie fördern Schüler- und Jugendaustausch gezielt als Teil der Bildungspolitik, um die strategischen Ziele der staatlichen Politik zu erreichen. Auch Deutschland sollte Austausch strategisch fördern. Gerade jetzt bestehen gute Voraussetzungen dafür, denn Deutschland wird als Zielland für Jugendliche aus aller Welt immer beliebter.

Europäische Identität und Demokratieerziehung durch Austausch stärken

Europäischen Zusammenhalt zu erleben, sich als “Europäer” zu fühlen - das gelingt durch innereuropäischen Austausch. Und auch demokratische Werte werden am besten gelernt, indem sie gefühlt und verinnerlicht werden.

Deshalb: Austausch als Bildungs-Instrument systematischer nutzen, indem vorhandene Strukturen – gemeinnützige Austausch- und Kulturmittler-Organisationen sowie nationale Verwaltungen – gestärkt, miteinander vernetzt und mit Fördermitteln ausgestattet werden.

Schüleraustausch für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik nutzen

Am wirksamsten werden Menschen aus einem anderen Land zu Freunden Deutschlands, indem sie hier ein Schuljahr verbringen. Die beste Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik findet deshalb im eigenen Land statt – in den Aufnahmeprogrammen des Schüleraustausches.

Deshalb: Durch eine nationale Strategie Deutschland als Austauschland positionieren und über eine finanzielle Entlastung ehrenamtliche Gastfamilien unterstützen!

Eine Enquete-Kommission für Austausch einsetzen

Deutschland investiert bereits viel in internationale Austauschprogramme. Das Engagement erstreckt sich aber auf sehr verschiede politische Ebenen und Institutionen (Bildungspolitik der Länder, Jugendpolitik des Bundes, Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik).

Notwendig wäre es, eine übergeordnete, abgestimmte Strategie zu entwickeln und umzusetzen. Der erste Schritt dahin wäre eine Enquete-Kommission, die bisherige Ansätze zum Thema “Internationaler Austausch und Internationalisierung der Bildung” erfasst und Vorschläge zu ihrer Harmonisierung auf nationaler Ebene erarbeitet.

Unsere Forderungen hier als Download:  Unsere Forderungen