In der deutschen Bildungslandschaft lassen sich viele innovative Ansätze finden, wie die Rahmenbedingungen für internationalen Schüler- und Jugendaustausch insgesamt verbessert und dieses wichtige Bildungsangebot nachhaltig verankert werden kann. Gemeinsames Ziel ist es, ein breiteres Spektrum von jungen Menschen mit Austauschprojekten zu erreichen.
Wir stellen Beispiele auf politischer Ebene, in der Verwaltung oder direkt in der Praxis vor. Manchmal lohnt es sich aber auch, über nationale Grenzen hinweg zu schauen.
Die hier vorgestellten Beispiele sollen inspirieren und zur Nachahmung einladen.
Der Bayerische Jugendring (BJR) ist die Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände und Jugendgruppen in Bayern. Mit seinen 103 Stadt-, Kreis- und Bezirksjugendringen ist er in ganz Bayern vertreten.
Er setzt sich für die Interessen von Kindern und Jugendlichen in Bayern ein und vertritt mit den Mitteln der Jugendarbeit und -politik die Belange aller jungen Menschen im Freistaat.
Der Bayerische Jugendring ist sowohl für den Jugendaustausch als auch für den Schüleraustausch in Bayern zuständig. Er ist damit bundesweit die einzige Einrichtung, die im staatlichen Auftrag Beratungs-, Förder- und Vernetzungsangebote in beiden Bereichen verbindet.
Weitere Informationen:
Das Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg hat unter dem Titel „Internationaler Schüler- und Jugendaustausch in Baden-Württemberg“ eine umfassende Informationsbroschüre erstellt, die Anregungen und praktische Hinweise gibt, aber auch ausführlich zu landeseigenen Förderprogrammen und Ansprechstellen in Baden-Württemberg sowie bundesweiten Förderinstitutionen informiert.
Lehr- und Fachkräfte finden hier alle wichtigen Informationen an einem Ort und können direkt mit den Planungen eines internationalen Schüler- oder Jugendaustauschs beginnen.
Broschüre zum Download:
Das bewährte Austauschprogramm „USA for You“ richtet sich an Jugendliche, die im Bildungssystem oder in der Gesellschaft benachteiligt sind. Es umfasst, neben einer sorgfältigen Vor- und Nachbereitung für die Teilnehmenden und auch deren Eltern, einen zweiwöchigen Aufenthalt in den USA. Dort leben die Jugendlichen in Gastfamilien. Tagsüber engagieren sie sich gemeinsam in “Community-Service”-Projekten. Freizeitaktivitäten und ein Sprachkurs geben Einblicke in die Kultur des Gastlandes. Die Jugendlichen bewerben sich individuell, reisen aber in der Gruppe – begleitet werden sie von erfahrenen ehrenamtlichen Austauschexpert*innen. Das Programm wird vollständig finanziert, derzeit noch aus Mitteln der Robert Bosch Stiftung, des Bundeswirtschaftsministeriums und der US-Botschaft sowie aus kommunalen Mitteln.
Aktuell wird es insbesondere in den neuen Bundesländern durchgeführt, aber auch die Stadt München hat die besondere Bildungswirkung des Programms erkannt und bietet es dort mit großem Erfolg für Schülerinnen und Schüler an Mittelschulen an. Organisiert wird es von gemeinnützigen Austauschorganisationen. Das Programm kann als Vorlage für ein parlamentarisches Austauschprogramm für austauschferne Zielgruppen dienen, z. B. als Initiative der Parlamente der Bundesländer. Vorbild für ein solches Landesparlamentarisches Patenschaftsprogramm wäre das bestehende PPP des Deutschen Bundestages.
Weitere Informationen:
Hamburg führt seit Jahren die Statistik bei den individuellen Auslandsaufenthalten von Schülerinnen und Schülern an. Ein Grund dafür ist dieses landeseigene Förderprogramm. Es unterstützt Familien einkommensabhängig mit bis zu 5.000 Euro. Dazu ist lediglich der Nachweis nötig, über eine Organisation oder direkt bei einer Schule im Ausland ein Auslandsschuljahr zu absolvieren.
Diese Förderung bedeutet für den Hamburger Bildungshaushalt keine zusätzliche Belastung, im Gegenteil: Das Land spart faktisch Geld.
Wenn Schülerinnen und Schüler im Ausland lernen, müssen sie für die Dauer dieses Austausches nicht im Rahmen der Pro-Kopf-Finanzierung Hamburger Schulen berücksichtigt werden. Die Zuschüsse für das Austauschjahr sind in der Summe sogar geringer als der eingesparte Betrag. Im Gegenzug erhalten die Familien einen Zuschuss und entscheiden selbst, welchen Anbieter sie für die Durchführung des Austauschprogramms wählen und welches Zielland für sie passt.
Weitere Informationen:
Der Anteil von Schülerinnen und Schülern bayerischer Mittelschulen, die an Schüleraustausch-Maßnahmen teilnehmen, ist im Vergleich zu denen an Gymnasien seit Jahren unver­hältnis­mäßig gering. Internationaler Schüleraustausch droht als Merkmal des schulischen Profils an Mittelschulen zu verschwinden.
Der Bayerische Jugendring (BJR) fördert daher mit dem Projekt „Internationale Begegnung von Mittelschülerinnen und -schülern“ seit 2016 im Auftrag des Bayerisches Staatsministeriums für Unterricht und Kultusden Austausch speziell an Mittelschulen. Durch eine Projektkooperation mit dem Kinderdorf Pestalozzi in Trogen (CH) wurde das Angebot auf stabile Füße gestellt. Seit 2022 wird es nun von der Stiftung Jugendaustausch Bayern gefördert.
Jährlich können sieben Mittelschulklassen – aus jedem bayerischen Regierungsbezirk eine – eine Woche bei einem internationalen Austausch mit Schülerinnen und Schülern aus Mittel-, Ost und Südosteuropa im schweizerischen Trogen verbringen.
Das Projekt setzt seinen Schwerpunkt auf Demokratie- und Friedenspädagogik und arbeitet erfolgreich mit Methoden der non-formalen Bildung, mit erlebnis- und konfliktpädagogischen Ansätzen und diversitätsbewusster Jugendarbeit. Ein besonderer Höhepunkt ist für die Jugendlichen die Erstellung einer eigenen Radiosendung.
Weitere Informationen:
Einmal längere Zeit in einem fremden Land verbringen, neue Erfahrungen sammeln und andere Kulturen kennenlernen – diesen Traum haben viele junge Menschen. Doch für einige geht er bislang nicht in Erfüllung.
Vor allem Schüler*innen von Mittel-, Real- und beruflichen Schulen sind bei internationalen Jugendbegegnungen deutlich unterrepräsentiert.
Das will die Stiftung Jugendaustausch Bayern ändern!
Der Freistaat Bayern hat die Stiftung Jugendaustausch Bayern 2021 gegründet. Das Ziel: Jedem jungen Menschen in Bayern die Möglichkeit bieten, einen Auslandsaufenthalt zu machen.
30 Millionen Euro stehen der Stiftung dafür zur Verfügung. Davon entwickelt die Stiftung mit Partnern neuartige Formate, fördert unkompliziert mittel- bis längerfristige Austauschprogramme, informiert über bestehende Angebote und bringt die Akteure in Bayern an einen Tisch.
Weitere Informationen:
Im Rahmen der Initiative „Schule:Global“ werden ein Siegel an Schulen vergeben sowie Coachings, Präventionsworkshops und Lehrkräftefortbildungen durchgeführt.
Das Siegel soll interkulturelle Bildung an Schulen auszeichnen und sichtbar machen. Schulen, die im Bereich internationaler Austausch aktiv sind oder es werden wollen, können es beantragen. Bereits mit dem Antrag setzt sich die Schule Ziele, die sie im Bereich interkulturelle Bildung erreichen will.
Nach der Verleihung des Siegels wird der Schule ein persönlicher Coach zur Seite gestellt. Die Coaches helfen den Schulen, interkulturelles Lernen langfristig im Schulprogramm zu verankern und im Schulalltag sichtbar zu machen. „Schule:Global“ ist für alle Schulformen und alle Bundesländer offen.
Weitere Informationen:
Schon jetzt lösen einzelne Schulen den Anspruch ein, allen Schülerinnen und Schülern die Teilnahme an einem internationalen Schüleraustausch zu ermöglichen.
Das Angebot des Rudi-Stephan-Gymnasiums in Worms umfasst beispielsweise Austauschfahrten aller neunten Klassen, einzelner Oberstufenkurse und Chor-Austausche mit einer der sechs Partnerschulen. Hinzu kommen Individualaustausche in den Programmen Romain Rolland und Anna Seghers des Landes Rheinland Pfalz.
Das Hamburger Gymnasium Blankenese hat projektgebundene Schüleraustausche mit Hin- und Rückbegegnungen als festen Bestandteil der Oberstufenprofile integriert, etwa einen Austausch mit Warschau zum Thema „Architektur und Stadtplanung nach ‘45“ im Rahmen des Profils „Kunst und Ästhetik“ oder mit dem griechischen Marathon zu „Olympia in Geschichte und Gegenwart“ als Teil des Profils „Sport- und Gesundheit”. Die Gegenbesuche in Deutschland finden zeitgleich innerhalb einer „Europawoche“ statt.
Beide Schulen verfügen über Funktionsstellen zu Koordinierung der Schulpartnerschaften.
Die Zugangsstudie zeigte, dass die Mehrheit der jungen Menschen in Deutschland bislang nicht die Chance hat, an einem Schüler- oder Jugendaustausch teilzunehmen. Die Grüne Fraktion im Bayerischen Landtag hat sich zum Ziel gesetzt, die Situation in Bayern zu verbessern.
Um eine politische Initiative auf eine solide Datenbasis zu stellen, hat sie eine Sonderauswertung der Zugangsstudie für die Region Bayern in Auftrag gegeben und in mehreren Gesprächsrunden Expert*innen nach möglichen Auswegen und Maßnahmen befragt. Am Ende eines intensiven Prozesses entstand so ein umfassendes Handlungskonzept, das die Grundlage für mehrere parlamentarische Anträge bildete.
Die regionale Sonderauswertung der Zugangsstudie und das Handlungskonzept können als Vorbild für ähnliche parlamentarische Initiativen auch in anderen Bundesländern gelten.
Weitere Informationen:
Kein Online-Austausch kann ein physisches Treffen im Partnerland ersetzen. Doch Austauschprojekte können auch virtuell entwickelt werden und später in Vor-Ort-Begegnungen münden. Digitale Schulpartnerschaften erleichtern die internationale Vernetzung, sind eine niedrigschwellige Möglichkeit, mit einem Austausch zu starten, und bieten allen Beteiligten einen Blick über den Tellerrand.
Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) hat ein Programm gestartet, mit dem Schulen in Deutschland und Frankreich neue nachhaltige Verbindungen schaffen, eine gemeinsame (Lern-) Kultur auf einer digitalen Plattform aufbauen, multiperspektivisches Denken üben und europäische bzw. interkulturelle Kompetenzen fördern.
Schüler*innen arbeiten hier bei konkreten Aufgaben oder Projekten zusammen, sie testen bzw. verbessern ihre Sprachkenntnisse und erreichen dabei gemeinsam gesteckte Ziele.
Die neuen digitalen Schulpartnerschaften sind fächerübergreifend, flexibel, partizipativ sowie alters- und klassenübergreifend; sie richten sich an Vorschuleinrichtungen, Grund- und weiterführende Schulen gleichermaßen.
Weitere Informationen:
Mit dem Projekt „FAU Lehramt International“ soll im Lehramtsstudium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ein nachhaltiges Konzept der Internationalisierung der Lehrkräftebildung umgesetzt werden. Das wäre ein wichtiger Schritt, um Schüleraustausch bereits im Studium zum Thema zu machen und angehende Lehrkräfte zu motivieren: „Allen Lehramtsstudierenden soll ein Angebot für internationale Erfahrungen gemacht werden. Internationalisierung in der Lehrkräftebildung wird durch Auslandserfahrungen (Mobilität) und durch internationalization at home sowie in den virtuellen Bildungsräumen (internetbasierte Studienangebote) erreicht.
Das Konzept sieht vor, dass Internationalisierungsaktivitäten in Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften implementiert werden. Darüber hinaus werden Kooperationen zwischen der ersten und der dritten Phase der Lehrkräftebildung (wie z. B. im Netzwerk ‚Internationalisierung von Bildung in der Metropolregion Nürnberg‘) angestrebt“, heißt es auf der Website des Projektes.
Weitere Hinweise, wie Schüleraustausch zum Thema im Lehramtsstudium gemacht werden kann, finden sich in einer aktuellen Expertise von Dr. Claudia Ingrisch-Rupp und Dr. Ruth Michalek: www.austausch-macht-schule.org/fachbeitraege
Als Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung und zur Förderung des multikulturellen Dialogs hat Norwegen eine Internationalisierungsstrategie formuliert und parallel dazu ein umfangreiches staatlichen Förderprogramm geschaffen. Diese Maßnahmen setzen auf allen Ebenen der Schul-, Ausbildungs- und Universitätsbildung an.
Ausgangspunkt war im Jahr 2000 eine Bestandsaufnahme zur Internationalisierung des norwegischen Bildungssystems, die dem Parlament Grundsätze einer internationalisierten Bildungspolitik von der Primarstufe bis zum Hochschulstudium vorschlug. Die entwickelte Strategie zielt auf die Formulierung globaler Kompetenzziele in den Lehrplänen und die Förderung individueller oder gruppenbezogener Mobilität ab und sieht internationale, fächerübergreifende Kooperationsprojekte vor.
Aktuell besteht die öffentliche Förderung für individuelle Mobilitäten aus einer Kombination von Zuschüssen und Krediten des staatlichen Fonds für Bildungskredite (Lånekassen). Durchgeführt werden die Austausche von den Schulen selbst oder von akkreditierten Austauschorganisationen. Die Maßnahmen haben seit 2001 zu einem deutlichen Anstieg von Teilnehmenden aus Familien mit geringer Bildung geführt.
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